Historie

Die Ahr besteht bereits seit mehr als 150 Jahren als Wandergebiet, jedoch waren damals die örtlichen Wander- und Spazierwege immer nur auf die jeweilige Ortslage ausgerichtet.

Durch den Rotweinwanderweg sollte den Wanderern die Möglichkeit gegebenwerden, alle Weinbergslagen des gesamten Ahrtals ununterbrochen zu durchwandern und durch Einkehr in den jeweiligen Ort, die dort angebauten Gewächse zu probieren.

Urheber: Dr. Karl Näkel und Landrat Heinz Korbach

Daß es den Rotweinwanderweg  gibt, ist vor allem zwei Männern zu verdanken. Denn ohne die Initiative von Heinz Korbach, seinerzeit Land rat des Kreises Ahr-weiler, und Dr. Karl Näkel, ehemals Vorsitzender des Demauer Eifelvereins, wäre die Region möglicherweise heute noch ohne jenen Prachtweg, der zu den schönsten Deutschlands zählt. Ihr würde ein unverwechselbares Markenzeichen fehlen, das weithin und mit großem Erfolg für das Ahrtal wirbt. Ein Erfolg, von dem auch die "Geburtshelfer" von, damals nur zu träumen gewagt haben.

Von Dernau aus auf "den Weg gebracht" 

Im Grunde wurde das Projekt von Dernau ausgehend auf den Weg gebracht - worauf man auch heute dort noch sehr stolz ist. Dort hatte sich  die richtige Mannschaft zusammengefunden. Allesamt Männer, die sich vor keiner Entscheidung scheuten. Und diese handelten in einer Zeit, in der es sicherlich leichter war, solche Ideen in die Tat umzusetzen. Heute wäre es wahrscheinlich schwieriger, eine neue Beschilderung am Rotweinwanderweg vorzunehmen, als ihn, wie damals geschehen, völlig neu in den Steillagen auszuweisen und herzurichten. Denke man allein an die Sprengungen die seinerzeit nötig waren, um durch manchen Felsen zu kommen!

"Linienfeststellungsverfahren" mit Hemden und Tüchern 

Für verrückt hat man Sie damals erklärt, die Leute. Na ja, manchmal hatten sie wahrscheinlich auch Grund dazu. Beim "Linienfeststellungs-verfahren" für das erste Teilstück von Dernau nach Altenahr beispielsweise (die Teile des Weges von Dernau bis Bad Bodendorf kamen in den folgenden Jahren erst nach und nach hinzu). Dieses Verfahren war allemal von der besonderen Art und hat manchem Außenstehenden ein unlösbares Rätsel aufgegeben. Noch heute weiß man kaum noch, wo die alten Lumpen, Hemden und Handtücher alle hergeholt wurden, die in die Weinberge gehängt wurden, um jene Route zu markieren, die Ihrer Meinung nach paßte. Hierbei wurde von den Beteiligten besonders darauf geachtet, daß der Weg in einer höhengleichen Linie so verlief, daß man möglichst viel sehen konnte, also jederzeit einen schönen Blick übers Tal und über die Weinlagen des Anbaugebietes hatte.

Gelbe Punkte als erste Markierungen 

Auch von unten, von der Straße aus, sollte man den geplanten Weg gut erkennen. können. Wie an einer riesigen Wäscheleine festgeklammert leuchteten die "Signale" zwischen den Rebstöcken. Klar, daß das eine oder andere Hemd beim ersten Versuch noch zu tief oder etwas zu hoch hing. Daher liefen die Männer ein paarmal die Berge rauf und runter, um das zu korrigieren. Immer wieder nahmen Sie mit den Augen Maß. Für die ersten Markierungsarbeiten hatte man den Dernauer "Stuck" Schmitz verpflichtet.  Hermann-Josef Schmitz, genannt "Stuck" und ein in Dernau bekannter und beliebter Alleskönner, setzte die ersten gelben Punkte an die Felsen oder auf große Findlinge am Wegesrand. Gelbe Punkte, mit denen die Zukunft des "Roten" gesichert werden sollte. Denn es ging den Beteiligten in erster Linie um die Entwicklung neuer Perspektiven für die Region. Jahrelang hatte man  hin und her überlegt, wie die Zukunft des Ahrrotweines gesichert werden könne. Viele Möglichkeiten wurden diskutiert und schließlich wieder verworfen. Bis der Geistesblitz kam. "Der Weg ist das Ziel", jene philosophische Formulierung traf  den Nagel auf den Kopf.

Keine einfache Aufgabe 

Doch leicht war es für die Urheber seinerzeit nicht, alle vom Sinn eines Rotweinwanderweges zu überzeugen. Der Kritiker gab es nicht wenige. Um so mehr ist es der Initiative der Mitgliedern des Eifelvereins zu danken, ohne die die Beteiligten das Vorhaben nie hätten umsetzen können. Viele Winzer beispielsweise fürchteten um ihre Trauben, glaubten wohl, daß die Wanderer diese kiloweise in ihre Taschen und Rucksäcke stecken würden. Auch Wirte mochten die Begeisterung anfangs nicht teilen. Sie dachten, die Wanderer würden hochdroben in den Weinbergen an ihren Häusern vorbeimarschieren und keinen Fuß in ihre Stuben setzen.

Doch es kam ganz anders. Der Wanderer fühlte sich gut, der Wein mundete und wanderte dann in größeren Rationen in die Autos mit Kölner, Düsseldorfer oder Bonner Kennzeichen - aber das wußte man ja damals noch nicht.

Legendärer Abend im Jägerstübchen, Mayschoß 

Doch sei's drum. Für die Männer gab's damals ohnehin kein Zurück mehr. Zu sehr wirkte die Idee schon in ihren Köpfen. Keiner mochte mehr zurücknehmen, was man wie einen "Rütli-Schwur" im Jägerstübchen von Mayschoß festgeklopft hatte. Ja, bei einem Treffen in jenem Gasthaus hatten man den Bau des Weges beschlossen. Als man sich einig war, herrschte in Sachen Verwirklichung bereits große Zuversicht. Ein altes Klavier wurde mächtig strapaziert und mußte für manches Wanderlied herhalten, das die fröhliche Runde ohne Rücksicht auf Verluste schmetterte (es ist heute nicht mehr nachvollziehbar, wie oft an diesem denkwürdigen Abend allein die blauen Dragoner durch den Gastraum stürmten). Denn es war wahrlich kein kleiner Kreis, der jenen feucht-fröhlichen Beschluß von großer Tragweite faßte - und am Tage danach noch nüchtern dazu stand. Die Ortsbürgermeister von Dernau, Rech, Mayschoß und Altenahr saßen mit Dr. Näkel und dem Landrat Korbach sowie dem damaligen Büroleiter der Kreisverwaltung, Jean Linden, am Tisch.

Alle zogen an einem Strang 

Letztlich ging's dann schnell. Weil alle begriffen hatten, was heute immer mehr in Vergessenheit geraten ist: Alleine sind wir nichts, gemeinsam sind wir stark. Das Miteinander ist besser als das Gegeneinaner. Und nur miteinander ließ sich auch der Rotweinwanderweg schaffen. Schon ein Veto des Kulturamtes hätte das Scheitern bedeutet, ohne die Unterstützung dieser Behörde hätten man nie und nimmer einen durchgehenden Weg dieser Länge bauen können. Aus der heutigen Sicht wäre das mehr als nur schade gewesen. Denn der Rotweinwanderweg wurde für die Gemeinden der Mittelahr zur Klammer. Er hat ihre Gemeinsamkeit gestärkt, sie im wahren Sinne des Wortes miteinander verbunden.

Mehr noch! Er hat deren Selbstwertgefühl gesteigert.

Fundstelle:

Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler. 54. Monschau 1997, S. 25-28, mit Abb.

Zurück